Hustenhelfer

Am 12.12.17 habe ich mich für 2 Tage auf nach Essen Steele ins Alfried-Krupp-Krankenhaus gemacht. Hier wurde der Cough-assist angepasst. Ein Maschinchen, das das Abhusten unterstützt. Es ist wie eine Atemmaske, die durch Unterdruck den Husten nachahmt. Da ich nicht mehr genug Druck aufbauen kann um das selbstständig zu machen, besteht die Gefahr, dass sich Bakterien ansiedeln und es zu Infekten kommt. Dem kann so vorgebeugt werden.

Das war die Theorie. Auf die Praxis war ich gespannt.

Ich hoffte vor allen Dingen, dass ich nichts falsch verstanden hatte und mich plötzlich eines Luftröhrenschnitt gegenüber sah. Jaaaa, mal n' bissel Teufel an die Wand malen... Aber ich lese ja schon mal quer, wer weiß, was ich überlesen hatte. Ich hoffte, nichts.

 

Um dem vorzugreifen: Nein, ich hatte alles richtig verstanden. Es ist tatsächlich ein Gerät, das mit einem Schlauch und einer Maske verbunden ist , die man sich auf Mund und Nase drückt und durch die dann die Luft ein- und ausströmt. Das war es schon.

Warum ich dafür zwei Tage ins Krankenhaus musste, erschloss sich mir nicht. Aber der Atemtherapeutin zufolge bin ich die erste Patienten gewesen, die so problemlos mit dem Apparat gearbeitet hat. Streber.

Viel, na, nennen wir es... interessanter... als das Anpassen, war das dort sein.

Dass ich einen Rolli habe und nicht gehen kann, hat das Zimmer überhaupt nicht interessiert. Es gab kein behindertengerechtes Bad, keine behindertengerechte Toilette. 

Ich will da nicht drauf rumreiten, aber ich habe eine Krankenhaus-Zusatzversicherung. Die habe ich vor Jahren abgeschlossen, um im Krankenhaus gut untergebracht zu werden.

Und nun ratet mal: Meine Zusatzleistung war, dass ich Saft auf meinem Nachttisch stehen hatte und der Chefarzt vorbei kam.

Was mir mehr geholfen hätte, wäre eine bessere Betreuung gewesen.

Und nicht falsch verstehen! Das Personal hat sich den Allerwertesten aufgerissen. Aber wenn man unterbesetzt ist, reicht auch das nicht. Köpfe wurden erhöht indem man freiwillig Sozialdienst-Leistende über die Station schickte, die aber nun mal nicht über das Wissen verfügen, das ein ausgebildeter Krankenpfleger hat.

Und da darf ich mich ja wohl bei der Verwaltung des Krankenhauses bedanken und nicht bei den Stationsmitarbeitern. 

 

Spannend, wenn auf mein Klingeln hin zwei Wesen erscheinen, die die Statur einer Ballerina haben. 

"Ähem... ich müsste mal zur Toilette... sind sie sicher, dass sie mich aus dem Bett heben können?" Zweifelnde Blicke wurden ausgetauscht. Dann zogen sie los, Unterstützung zu holen. Beruhigend. 

Der nächste schien kräftiger zu sein. Ich habe dann erklärt, wie wir es am besten machen und bin unfallfrei zur Örtlichkeit gelangt.

Darf ich kurz drauf hinweisen, dass ich nicht auf die Toilette gehen konnte? Denn die hatte keine Haltegriffe rechts und links, sodass ich mich dort nicht hätte festhalten können. 

Was in jedem Kaufhaus Gang und Gäbe ist, ist in diesem Krankenhaus-Zimmer nicht möglich.

Darum saß ich... wo? Auf einem Toilettenstuhl. Mit 'ner Bettpfanne unter mir. Geilo...

Aber immerhin saß ich sicher. Und ich saß im Bad. Konnte grade noch verhindern, dass sie mich im Zimmer auf das Ding hievten.

Bei aller Hilfebedürftigkeit, ich war noch die sportlichere der beiden, die auf meinem Zimmer lagen. Meine Bettnachbarin konnte sich nämlich so gut wie gar nicht mehr bewegen. Ratet, wie gut sie versorgt wurde.

Sehr gut. Ihr Mann hatte Urlaub genommen und war den ganzen Tag bei ihr. 

Wäre das nicht der Fall gewesen, hätte es zappenduster für sie ausgesehen.

Wie schlimm, durfte ich in unserer ersten und, Gott sei Dank, einzigen Nacht erleben. Sie musste verkabelt werden und bekam eine Sauerstoff-Maske an, damit der Sauerstoff-Gehalt in ihrem Blut über Nacht nicht so stark abfallen konnte. 

Stellt euch vor, ihr könnt euch nicht bewegen, es werden Maske und Knöpfe an euch festgemacht und dann liegt ihr da. Eure Nachbarin kann da auch nicht helfen, denn die kommt auch nicht selbstständig aus dem Bett. Das hat was von Horror. Ihre erste Nacht war davon geprägt gewesen, dass sie alleine in dem Zimmer lag und nicht an den Klingelknopf gelangte um Hilfe zu rufen.

Unfassbar.

Ihre zweite, die meine erste Nacht war, war auch nicht dolle viel besser. Ich lauschte immer mit einem Ohr zu ihr rüber ob alles ok war, um zur Not für sie zu klingeln. Das Gerät rauschte, die Sauerstoffmaske auch, und ob sie ok war, wusste ich nicht. Doch diesmal schien sie an die Klingel zu kommen. Sie klingelte sehr oft. Was ich aber gut verstehen kann. Ein solch hilfloser Mensch muss überwacht werden, engmaschig. Und nicht einfach in ein Zweibett-Zimmer gelegt werden. Ich war wirklich fassungslos.

Da sie oft klingelte, weil z.B. die Maske verrutscht war, oder sie schlecht lag, oder was weiß ich, waren die Pfleger natürlich entsprechend genervt. Sie hatten ja ein paar mehr Patienten, als nur sie zu versorgen. Aber dafür kann sie ja nix. Ich hab mich gar nicht mehr getraut, auch noch zu bitten, ob sie mich vielleicht noch etwas höher ziehen könnten oder etwas mehr zur Seite. Ich habe meine Beine hin- und her geschmissen und versucht, eine möglichst angenehme Position zu finden. Das Bett war auch unter aller Kanone. Harte Matratze und ich lag wie drauf festgenangelt, konnte mich kaum rühren. An Schlaf war kaum zu denken.

Zusatzversicherung halt. Haha!

Aber es ging ja um diesen Apparat. Und der war am nächsten Morgen, als meine Atemtherapeutin kam, kein Schrecken mehr. Sie stellte den Druck auf 25 und bat mich, es zu versuchen.

Ich fragte, ob sie den überhaupt hoch gestellt hatte oder ob er so eingestellt war, wie am Vortag. "Doch, sicher, er ist höher", war die Antwort. "Na, dann drehen sie mal noch was höher, ich merke nämlich keinen Unterschied", war meine Antwort. Tja, und "noch was höher", war mein Endpunkt. 30. Der Druck., der für mich ausgerechnet worden war. So hatte ich morgens um 10 fertig. 

Und durfte wieder heim.

Das hat sich dann zwar noch bis zum Nachmittag gezogen, aber immerhin musste ich nicht noch eine Nacht im Zimmer des Grauens durchstehen. Meine Bettnachbarin übrigens auch nicht. Auch sie durfte auch nach Hause. Ihr Mann stand um 8 schon wieder auf der Matte um sie zu pflegen. Genauso denke ich mir einen Krankenhaus-Aufenthalt. Mein Ehemann versorgt mich. Nimmt dafür Urlaub. Ah ja!

Die Station ist in kleinster Weise auf uns eingerichtet. Es ist eine pneumologische Station. Ich weiß nicht, wie krank Menschen dort normalerweise sind, aber ich denke, die Krankheit ALS überfordert die Station um ein zig-faches. Sie ist überhaupt nicht drauf eingestellt.

Glaubt mir, sollte ich nochmal wegen irgendwas atemtechnisches ins Krankenhaus müssen... dort werdet ihr mich nicht mehr sehen!

Den Weg nach Hause habe ich in einem Krankenwagen zurück gelegt. 

Der hatte neben gefühlten 30 Grad Innentemperatur auch keine Fenster. So wurde mir ganz schön übel. Die Begleitung, die vor mir saß, drehte die Temperatur was runter, so konnte ich es grade so durchstehen. Örgs. 

War also alles in allem ein Wellness-Aufenthalt. Ich glaube ich lass das besser...

Zuhause ist es doch am schönsten. :-)