Freitag postete eine FB-Freundin einen Artikel zu einem an ALS erkrankten Läufer, der sich wünscht, nochmal die 42 km, die ein Marathon lang ist, zurück zu legen. Und zwar beim Münster-Marathon, der in wenigen Wochen stattfindet. Einer der schönsten in Deutschland, wie ich finde.
Er hat seine Diagnose erst im Januar erhalten, nachdem er aus Kraftlosigkeit im letzten Jahr einen Lauf abbrechen musste. Nun sitzt er schon im Rolli. Ein flotter Verlauf. Ich wünsche ihm von Herzen, dass er genug Unterstützer findet, die ihm seinen Traum ermöglichen!
Im Zuge des Artikels kam bei mir mal wieder die Frage auf, ob ich auch eine ALS-Erkrankte bin. Wie ihr wisst, habe ich genau zwei Diagnosen: "Ja." und "Nein."
Beide wiegen gleich ca. viel. Die "Ja"-Diagnose kam von einer Ärztin der Uniklinik Aachen.
Die "Nein"-Diagnose von einem Arzt der Uniklinik Bochum. Vielleicht wiegt seine Diagnose ein wenig schwerer, da er ein ALS-Experte ist, der viele der Gründe, die die Ärztin in Aachen zu dieser Diagnose bewogen, entkräftet hat. Was später auch mein vor Ort behandelnder Neurologe bestätigte. So hat sie Diagnosen als Beweis genommen, die man so nicht als Beweis nehmen kann (fragt mich bloß nicht nach genauen Sachverhalten, keine Ahnung). Fragen kann ich sie nicht mehr, sie ist nicht mehr in Aachen und bisher habe ich sie nicht mehr wieder gefunden.
Nun, mit diesem Artikel kam die ALS wieder in mein Sichtfeld. So wie sie auch immer in mein Sichtfeld kommt, wenn ich zu weiteren Vorstellungen nach Bochum fahren. Was nicht meine Lieblingsausflüge sind.
Seit der Diagnose der Ärztin steht sie wie eingemeißelt in all meinen Berichten. Nach der Diagnose-Anzweiflung des Arztes steht dort nun "phänotypische Variante Flail-leg-Syndrom", alldieweil, er meinte, wenn er nun ALS ganz raus nimmt, wird es zu großen Verwirrungen führen, zumal er keine andere Diagnose präsentieren kann. Das ist doch immerhin ein Grund. Aber auch Grund dafür, dass niemand meine ALS-Erkrankung in Frage stellt, sie wird bei jedem Besuch in der Uniklinik weitergeführt. Ich nehme, in Ermangelung einer anderen Diagnose, weiter ALS-Medikamente und stelle mich weiter in der ALS-Ambulanz in Bochum vor. Hm.
Schüttel' ich das alles und tausche das "L" mit einem "M", kommt "SMA" heraus. Auch eine schöne Krankheit, meiner nicht unähnlich. Sie heißt in der Langform "Spinale Muskelatrophie" und ist genauso wenig heilbar wie die "Amyothrophe Lateralsklerose". Von daher ist es nun auch wieder wurscht.
Aber um mal eine Diagnose zu haben, dann doch nicht soo wurscht.
Ich habe in Bochum einen Gentest gemacht, der die SMA ausschließt. Meine Frage, ob sie immer oder nur "mal" im Gentest nachgewiesen kann, ist noch nicht beantwortet. Werde das beim nächsten Besuch nochmal fragen.
Witzigerweise war diese Diagnose die erste, die das Franziskushaus bei meinem ersten Untersuchungsmarathon im September 2014 annahm. Sie wurde aber irgendwie sofort vom Tisch gewischt, weil mein Verlauf angeblich zu schnell dafür vonstatten ginge.
Nun. So schnell nun auch wieder nicht, wenn ich die Story von Steffen Auerswald lese. Denn laut den Vorhersagen hätte ich dann nun noch ein Jährchen zu leben. Klar, kann sein, aber ob ich dann unbedingt an den Folgen von ALS sterbe oder einem Herzinfarkt erliege, wer weiß das schon.
Die SMA passt in soweit, als dass die adulte Form, die dann meine wäre, so beginnt, wie meine Krankheit begann. Also, unter anderem. Das Schöne an neuromuskulären Erkrankungen ist, dass sie so wundervoll wandelbar sind. Aber immerhin ist wenigstens die Fußheberschwäche hier beschrieben, die ich zuerst im linken Fuß mein eigen nennen durfte.
Was halt nicht passt, ist, dass ich in der Genetik dieses eine Gen habe, und das dürfte ich halt nicht. Hab ich aber. Andererseits steht im Bericht, dass "Punktmutationen" nicht dargestellt werden. Vielleicht bin ich ja ne Punktmutation. Wer weiß es schon.
An Stephen Hawkin sieht man aber auch, dass man sehr wohl sehr alt werden kann mit ALS. Es ist alles sehr undurchsichtig.
Jow, und was mach ich nun mit all dem Halbwissen?
Abwarten und sehen was kommt. So wie ich es bisher schon gemacht habe. Vielleicht besuche ich den Arzt, der mich als nicht-ALS-Patient ansieht, nochmal. Er ist von Bochum nach Essen gewechselt. Eine Veränderung der Behandlung wird es nicht bringen. Wenn man keine Diagnose hat, hat man auch keine Behandlung. Aber vielleicht hat er eine Idee. Oder er erkennt nun doch die ALS.
Oder ich lasse es einfach. Lust habe ich nämlich aktuell keine, mich mit dem ganzen Diagnosekram auseinander zu setzen.
Ich habe vielmehr Lust, mich mit meinem Akupunkteur und meiner Akupressur-Dame weiterhin zu daten, denn da habe ich wenigstens das Gefühl, dass ich was bewerkstelligen kann. Und meine Physio weitermachen.
Und dann werden wir sehen.
In meinem Infotext wird also in naher Zukunft weder stehen, dass ich ALS habe, noch SMA. Ich lasse einfach "Nervenerkrankung" stehen.
Das ist scheinbar nicht falsch.
Treffen wir uns also auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner und hoffen das Beste.
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