Sei keine Libelle

Wir haben einen Teich im Garten und eine überdachte Terrasse, direkt anschließend. 

Die ist jetzt aber nicht rundum geschlossen. Nein, sie hat einfach ein gewelltes Kunsstoffdach, das uns vor Regen schützt, wenn nicht grade die Welt untergeht. Dann schützt es nicht, sondern lässt die Massen durch. 

Und da sollte man ja meinen, dass ein Dach nun kein Hindernis darstellt. Gut, hoch geht nicht, aber an den Seiten raus, ja, das geht.

Nun begab es sich aber, dass heute morgen eine Libelle den Weg vom Teich unter unser Dach gefunden hatte. Sie war recht stattlich und bevor ich sie sah, hörte ich das Klicken, das sie verursachte, wenn sie gegen das Dach flog.

Und das tat sie recht oft, ständig, um genau zu sein.

Das Dach liegt auf Holzbalken auf, die, so dachte ich bisher, aber auch kein Hindernis darstellen sollten. Sei es für fliegende, krabbelnde oder sich windende Insekten.

Weit gefehlt!

Libellchen blieb genau in dem einen Viereck, das die Holzbalken beschrieben und klickte in ständiger Regelmäßigkeit oben gegen das Kunststoffdach. Klick, klick, klick...

Nerv... nerv, nerv...

Ich schaute ihrem Spiel ein wenig zu, gab ihr den guten Rat, den Blick einmal nach vorne, rechts oder links zu richten und den Weg in die Freiheit zu suchen. Und machte mich auf zur Morgenrunde mit Cindy.

Als ich zurück kam, klickte es noch immer. Ey, das kann doch wohl nicht wahr sein? Wie dämlich ist so eine Libelle? Naja, sie wird's schon noch hinbekommen... Dachte ich.

Stunden später, ich hatte sie vergessen und wir kamen vom Einkaufen zurück, brachte sie sich klickend wieder in Erinnerung.

Ich schaute ungläubig nach oben und sah sie , wie am Morgen, im Viereck des Holzes gegen das Dach fliegen.

Dass sie noch nicht aufgegeben hatte, war recht löblich, aber sie verlassende Kräfte hätten vielleicht dafür gesorgt, dass sie mal 10 cm tiefer geflogen wäre und, oh! Überraschung!, das 2x4m große "Loch" gefunden hätte, das den Blick (und den Weg!)in den Garten freigibt.

Sollte für ne Libelle reichen...
Sollte für ne Libelle reichen...

War sie aber nicht, keinen Millimeter.

Ich bat Thompson, ihr mit einem Besen den Ausgang zu zeigen. Das tat er dann auch. Und nach über 7 Stunden ließ sie sich erstmal auf dem Besen nieder, wohl weil sie ein wenig außer Puste war, und Thompson durfte sie hinaus in den Garten tragen.

Und die Moral von der Geschicht?

Sei ein dummes Libellchen nicht.

 

Die (Aus-)Wege, die wir uns manchmal ausdenken, müssen nicht zwangsläufig die richtigen sein. Es kann ein ganz anderer Weg eine Lösung darstellen, den wir aber vielleicht vor lauter Verbohrtheit, Starrsinn, Tunnelblick gar nicht wahrnehmen. Und so rumsen wir mit schöner Regelmäßigkeit mit dem Kopf gegen die Wand, knallen zurück, setzen uns auf unsere 4 Buchstaben, stehen wieder auf und dann geht es mit Anlauf wieder nach vorn. Klick, knall, rumms! ... je nachdem welcher Gewichtsklasse wir angehören.

 

Einmal inne zu halten, sich umzuschauen, auch mal durchzuschnaufen und sich so die Möglichkeit zu geben, seinen Blickwinkel zu verändern, würde in solch einer Situation sehr gut tun und wäre weitaus hilfreicher, als seine Kräfte bis zur Erschöpfung in ein nutzloses Unterfangen zu stecken. Und sehr wahrscheinlich wird allein durch das Zurücktreten und neu bewerten eine andere Lösung erscheinen.

 

Darum wünsche ich uns, dass wir das in solchen Momenten wahrnehmen und uns daran erinnern, dass wir keine Libellen sind.

 

Und wenn das grade nicht klappt, weil wir vielleicht der Meinung sind, dass wir sicherlich schon ganz oft und ganz weit zurück getreten sind, und wir gaaaaanz sicher schon gaaaanz viele andere Möglichkeiten abgewogen haben, wir aber dennoch im Rahmen der Begrenztheit festhängen...

 

...dann, ja dann wünsche ich uns einen Ritter mit nem roten Straßenbesen. ;-)




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