"Auf Grund meiner Krankheit habe ich eine geringere Lebenszeit als andere."
Eine Aussage, gefunden in Facebook.
Solche Aussagen schaffen es innerhalb von Millisekunden, dass ich aufgestellte Nackenhaare habe. Und das sieht nicht nur komisch aus, nein, wenn das passiert, muss ich auch immer aufpassen, dass ich keinen blöden Spruch drunter schreibe.
Denn mir schießen genug davon ins Hirn.
Die Frage, ob sie auf Grund ihrer Krankheit eine geringere Lebenszeit hat, als der kleine Junge, dessen Eltern sich noch weigern ihn gehen zu lassen, Charlie Gard.
Oder als die vielen Kinder, die grade Hunger leiden oder die Kriegsopfer, Terroropfer, Unfallopfer....
Sie hat schon einige von ihnen um Jahre überlebt. Denn sie ist älter geworden als manch ein anderer. Älter als manch ein "Gesunder".
Denn darum geht es doch: Ich bin krank, muss auf Grund der Krankheit vielleicht eher sterben. (Jetzt habe ich ein "vielleicht auch nicht" im Kopf ;-))
Und was mache ich nun mit dem Wissen? Das übrigens keines ist. Es ist nur eine Annahme.
Die Ärzte von Stephen Hawking haben ihm nur wenige Jahre gegeben, da war er 21. Er ist mittlerweile 75. Das werden nun auch nicht alle Gesunden. Und ich glaube nicht, dass er sich rund um die Uhr damit beschäftigt hat, dass er auf Grund seiner Krankheit weniger Lebenszeit hat als andere. Dann hätte er sich wohl ins Bett gelegt und auf sein Ende gewartet. Und wäre vielleicht tatsächlich schon längst tot.
Ich denke, eine Krankheit erhöht vielleicht die Möglichkeit, dass man früher stirbt, drauf verlassen würde ich mich aber nicht. ;-)
Vielleicht ist eine Krankheit ein Fingerzeig, der einen etwas intensiver darauf hinweist, dass das Leben endlich ist. Etwas, was man als "Gesunder" gerne vergisst. Oder nicht wahrhaben möchte. Wie oft höre ich den Satz: "Du bist ja noch jung." Ja, das mag sein, das sagt aber nichts über die Zeit aus, die dem oder der "Jungen" noch bleibt.
Ich glaube, wir sind auf der sicheren Seite, wenn wir einfach so tun, als würden wir früh sterben. Dann leben wir wahrscheinlich intensiver, machen uns wahrscheinlich weniger Umstände und wissen alles was wir haben und erleben wahrscheinlich mehr zu schätzen.
Denn alles was man im Überfluss hat, und sei es Lebenszeit, weiß man nicht mehr zu würdigen.
Und wenn ihr schon krank seid: Na und?
Ihr habt die Wahl. Ihr könnt euch der Krankheit hingeben und euch jeden Morgen beim Aufstehen fragen, wie lange es euch wohl noch so (gut) geht wie grade in dem Moment, könnt euch darauf vorbereiten, dass es euch wahrscheinlich bald (noch)schlechter geht, ihr vielleicht sogar in naher Zukunft sterben müsst.
Oder ihr lebt einfach.
Geht mit dem um, was grade ist, wenn ihr müde seid, schlaft, seid ihr traurig weint, seid ihr froh, lacht. Und wenn ihr euch sorgt, dann tut auch das. Aber nicht nur.
So wie es jeder Mensch tun sollte. Egal, ob gesund oder krank.
Und während ihr so lebt, trifft es einen Gesunden, der ja, ach soviel Zeit hatte.
Ein Unfall vielleicht und das war's. Zeit abgelaufen.
Und ich hoffe, der war nicht der Meinung, er sei ja noch jung....
Wenn ich mich erwische, wie ich den Gehenden hinterherschaue und denke: "Ja, das wäre echt nochmal cool. Einfach loslaufen. Oder mit der Familie Rad fahren. Mal eben einkaufen gehen.", kommt sofort der andere Gedanke:
Wenn ich noch laufen könnte und "gesund" wäre, wo wäre ich dann?
Immer noch im Hamsterrad C&A, würde mich Tag für Tag aufreiben für nichts und wieder nichts, immer mit der Sorge behaftet, nicht mehr finanziell auszukommen wenn ich dem ein Ende bereite und alles hinwerfe. Ich wäre nicht frei, um mit dem Hund zu gehen, mich hinzulegen wenn ich müde bin, mich mit Menschen zu treffen, zu schreiben, zu lesen, wann ich mag. Es mir gut gehen zu lassen.
Nein, ich wäre fremd gesteuert und ich würde es seltener mögen als es vielmehr hassen.
Und dann möchte ich doch nicht mehr so gerne tauschen. Natürlich wäre es schöner, wenn es nicht ganz so anstrengend wäre, aber mein neues Leben gibt mir ne Menge.
Auch ne Menge Lebenszeit. Vielleicht nicht in der Länge aber auf jeden Fall in der Qualität.
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