Endlich kann ich wieder unabhängig von meiner Familie unterwegs sein. Das ist ein grandioses Gefühl.
Das "einfach-losfahren wenn man los möchte" ist unbezahlbar.
Ich habe vor einigen Monaten noch den Gedanken gehabt, dass ich kein Auto benötige. Geht schon so.
Und dann kam der Ausflug mit Töchterchen nach Auschwitz. Und mit ihm meine Meinungsänderung.
Auf der Fahrt merkte ich, wie schön es ist, unterwegs zu sein, Städte zu sehen und einfach durch die Landschaft zu fahren. Der Weg ist das Ziel.
Und das hat mich dazu gebracht, den Kampf um mein eigenes Auto wieder aufzunehmen. Und da ich nun wusste, warum ich kämpfte, habe ich ihn auch sehr überzeugend geführt und schließlich gewonnen.
Es war ein langer Weg. Von der ersten Beantragungen bis zur Auslieferung ist fast ein Jahr vergangen. Drei Widersprüche waren nötig und der Beweis mehrerer Ärzte, dass ich nicht zu krank bin um mich selber hinters Steuer zu setzen. Da meine Diagnose nach wie vor "ALS" lautet, ist es scheinbar per se klar, dass ich bald verscheide und es sich nicht mehr lohnt soviel Geld auszugeben. Niemand in der Rentenversicherung hat mich angesehen oder untersucht. Es war eine Entscheidung per Aktenlage, die mir angedroht wurde, wenn ich nicht das Angebot annehme, einen Fahrdienst zu beauftragen.
Aber, schlussendlich habe ich es geschafft. Bruno's in the house.
Udo, mein Ansprechpartner bei Kadomo, die ihn umgebaut haben, hat mir freundlicherweise immer mal Bilder geschickt, die das Vorankommen des Umbaus dokumentierten. Der Umbau selber hat knapp zwei Wochen gebraucht. Bruno hatte ich bis dahin noch nicht live gesehen. Hilden ist ja nicht mal eben nebenan. So habe ich mich über die Bilder wirklich sehr gefreut, zeigten sie mir doch, dass es voran ging.
Und dann kam der große Moment. Ich wurde eingeladen, Probe zu sitzen. Damit die Feinabstimmung getätigt werden konnte. Am 20. März fuhr mich Pascal zu Kadomo und Bruno und ich hatten unser erstes Date. Noch stand er in der Werkstatt, es waren ja noch einige Dinge zu machen, aber im Großen und Ganzen war er fertig. Ich konnte das erste Mal mit dem Lift rauf fahren und in den Wagen gelangen. Ich war ein wenig erschrocken, hatte ich mir den Innenraum doch etwas größer vorgestellt. Der Grund für die "Enge" war aber schnell beseitigt. Man hatte die Rückbank schon nach vorne geschoben um den Sitz, der nicht eingebaut wurde, in den Kofferraum zu legen. Als dieser raus genommen wurde und die Rückbank nach hinten gefahren werden konnte, hatte ich einen Tanzsaal.
Es hieß Kopf einziehen, um in den Innenraum zu gelangen. Ungeübt wie ich war, beugte ich mich zu weit vor und wäre fast aus dem Rolli gekippt. Kleinigkeiten wollen auch gelernt werden. Aber ich konnte mich noch fangen und wusste nun, dass ich noch vorsichtiger sein musste. Ich holte mit drei Schaltern den Fahrersitz nach hinten zu mir (Schalter vorne), dann drehte ich ihn zu mir um (ich glaube, Schalter in der Mitte ;-)) und verstellte die Höhe so, dass ich vom Rolli in den Fahrersitz wechseln konnte. Alles retour, und dann saß ich zum ersten Mal hinter dem Steuer meines neuen Autos.
Es wurde überlegt, wo am Steuer, der Lenkrad-Knauf angebracht werden sollte. Udo empfahl auf 8 Uhr, ich dachte eher an 10. Er hatte Recht, wie sich sehr schnell beim Fahren später herausstellte. Ansonsten passte alles und ich stieg wieder aus.
Es war Mittwoch. Das Versprechen stand: Am Freitag sollte ich den Wagen, der nun noch durch den TÜV abgenommen werden und zugelassen werden musste, abholen dürfen.
Das Abholen war schon ganz schön aufregend. Leider war Thompson ein wenig krank, ausgerechnet sein Magen machte ihm zu schaffen, und es fiel ihm sehr schwer. Doch er ist mitgekommen, damit ich nicht alleine mit meinem neuen Gefährt nach Hause musste.
Nachdem die Formalitäten geregelt waren, rollte ich mit einem Mitarbeiter von Kadomo zu Bruno und durfte ihn entern. Es waren so viele Knöpfe zu drücken!
Wie ging die Schiebetür auf, wie kam der Lift raus, wie ging er runter, wie hoch wie wieder runter, wie rein... *AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA*
Doch letztendlich saßen wir drin und ich startete ihn.
Der Mitarbeiter wurde auch ein wenig grün um die Nase als ich auf seine Frage, wie oft ich den schon Handgas gefahren sei, "Ein Mal" antwortete. Hihi.
Mein erstes Manöver war rückwärts fahren. Klar, warum nicht. Er wiederholte einige Male, ich möge bitte nicht soviel Gas geben, ganz langsam, erst gucken....
Hat geklappt.
Und da merkte ich schon, wie schwer das Lenkrad sich drehen ließ, oweia...
Die Heimfahrt hat sehr gut geklappt. Es wurde immer "brenzlig", wenn es um Kurven ging oder ich einparken musste. Sicher gehört eine Menge Gewöhnung dazu, aber auch das richtige Handling. Thompson war so lieb, den Knauf zu versetzen. Nun ist er da, wo Udo es empfohlen hatte. Und tatsächlich habe ich nun einen ganz anderen Hebel. Wunderbar. Da meine Mama im Krankenhaus liegt, führten mich die ersten Wege direkt in die 30 km entfernte Stadt, wo das Heim meiner Mutter und auch das Krankenhaus liegt. Und mit dem Fahren wurde ich immer sicherer. Ich bin sogar in das Parkhaus des Krankenhauses gefahren.
Aktuell hakt ein wenig der Lift, aber, hey, ich bin auch schon Herr der diversen Knöpfe! Nun wird noch etwas nachjustiert und dann steht dem Fahrspaß nichts mehr im Wege.
Bald wird die erste Ausfahrt mit Hundi folgen.
Ich freue mich sehr!
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