Klar, ich hatte auch zwei Omas, wie jeder. :-)
Aber wenn ich an "meine Oma" denke, dann an die Eine. Die, die so eine richtige Oma für mich war. Mit Zeit und Lust, sich mit mir zu beschäftigen. Und sie hatte noch einen unbestreitbaren Vorteil: Sie war immer da, denn sie wohnte mit uns in unserer Wohnung. Oma Maria.
Was ich super fand, empfand meine Mutter nicht ganz so als Vorteil. :-D
Es war eine 70-qm-Wohnung. Bestehend aus einem Wohnzimmer, Küche, Bad, Schlafzimmer und einem "Kinderzimmer". Dort war das Zimmer meiner Oma. Wie es überhaupt dazu kam, dass sie mit eingezogen ist, weiß ich gar nicht. Die Wohnung war für drei Erwachsene und ein Kind eigentlich zu klein, zumal sich die beiden weiblichen Erwachsenen nicht wirklich grün waren. Aber das war dem Kind schnuppe, denn es hatte das Paradies auf Erden.
Wenn meine Mutter von dieser Zeit erzählte, hörte sich das in etwa so an: "Meine Schwiegermutter hat sich überall eingemischt, nichts konnte man mal alleine machen. Wenn Walter (mein Vater, Gott hab ihn selig) und ich mal mit dem Auto einen Ausflug machen wollten, wer saß zuerst drin? Seine Mutter!" "Wenn Feiern waren, wer musste die ganze Familie abholen? Walter! Er durfte erst was trinken wenn alle wieder zuhause waren."
Wenn man sich vorstellt, dass man Tag für Tag gezwungen wird, mit einem Menschen zusammen zu leben, den man lieber von hinten sieht, dann war das sicher sehr belastend für meine Mutter.
Mein Vater hat sich da lieber rausgehalten. Ich erinnere mich, dass ich, auf seinem Arm, mit ihm in unserer Diele stand, während meine Mutter im Schlafzimmer, und meine Oma in ihrem Zimmer waren und sich über diese Räume hinweg anbrüllten. Jupp, so war das manchmal. Zu wem hätte mein Vater aber auch halten sollen, er war in einer Zwickmühle. Er hätte die beiden höchstens mit den Köpfen zusammen hauen können.
Da ich grade 4 Jahre alt war, als Oma starb, ist es bezeichnend, dass ich noch soviele Erinnerungen, so auch diese, habe. Die meisten sind aber sehr schöne, von den Querelen habe ich bewußt nichts mitbekommen.
Da Oma im Kinderzimmer lebte, schlief ich im Schlafzimmer bei meinen Eltern. Dort stand mein Gitterbettchen und ich erinnere mich an Sonntag-Morgende wo ich rauskletterte um zu meinen Eltern ins Bett zu krabbeln, wo dann noch eine Runde geschmust und getobt wurde, meist mit Papa. :-)
Meine Mutter erzählte, sie habe nachts wachgelegen, weil mein Vater schnarchte, meine Oma im Schlaf erzählte und ich mit den Zähnen knirschte. Leicht hatte sie es nicht. Hihi.
Wenn ich an Oma denke, dann daran, wie sie am Küchentisch Schwarzwurzeln geschält hat. Ja, ich weiß noch, warum Schwarzwurzeln so heißen. Ich war natürlich dabei. Saß neben ihr und schaute zu und dabei haben wir tiefgründige Gespräche geführt. ;-)
Oder sie hat den Rand der Käsescheiben abgeschnitten und dann haben wir ihn in den Garten geworfen, für die Vögel. Ob je auch nur ein Vogel sich über diesen Käserand gefreut hat, weiß ich allerdings nicht. Der Vermieter wohnte unter uns, ob er sich darüber gefreut hat, weiß ich genauso wenig.
Sie hat Quark mit Kondensmilch und Zucker verrührt und dann haben wir das gegessen. Ob ich das heute noch mögen würde...?
Ich durfte auch den Faden einfädeln, wenn Oma etwas zu nähen hatte. Meine Mutter hat dann immer einen Herzinfarkt bekommen, weil ich mich an der Nadel ja hätte verletzen oder sie gar hätte runterschlucken können. Ich weiß aber noch sehr genau, wie stolz ich war, Oma dabei helfen zu können. Da ess ich doch die Nadel nicht!
Meine Mutter erzählte aber auch, dass Oma sich immer Mittags hingelegt hat. Dann wollte sie nicht gestört werden. Ich war damit aber nicht einverstanden und habe so lange an ihrer Türe gestanden und gebittet und gebettelt, bis sie aufgegeben hat und ich zu ihr durfte. :-)
Ich erinner mich auch daran, dass Oma öfter krank war. Einmal, im Winter, sind wir zu einem Weiher gefahren. Meine Eltern haben mich auf dem Schlitten dort herumgezogen. Oma lag in ihrem Bett und ich bin zu ihr gegangen um mich zu verabschieden. Da hat sie gesagt, dass es ihr nicht gut geht, und es bestimmt bald wieder besser wird. Soweit ich weiß, hatte sie öfter Herzprobleme. Vielleicht war das sogar der Winter vor ihrem Tod.
Im Februar 1973 musste ich dann aber Abschied von Oma nehmen. Sie hat, wie jede Woche, ihre Schwester besucht und dort einen Herzanfall bekommen. Daran ist sie gestorben.
Bei ihrer Beerdigung waren eine Menge Leute, das weiß ich noch. Und dass ich mir sehr groß vorkam, weil sie auch mir ihr Beileid ausgedrückt haben.
Ich glaube, meine Oma hat einen Löwenanteil dazu beigetragen, dass ich der Mensch geworden bin, der ich heute bin. Sie hat mich geprägt und mir ganz viel mit auf den Weg gegeben.
Sie hat mich 4 wundervolle Jahre lang getragen, geliebt, umsorgt und mit Aufmerksamkeit überschüttet.
Danke dir dafür von Herzen!
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