Es wird weiter gewerkelt


Es kam, wie es so oft kommt. Ich war infiziert und fragte mich die ganze Woche, was ich denn wohl Schönes machen könnte. Es gab gar keinen Gedanken mehr daran, dass ich keine Lust auf Ton-kneten habe. Ich überlegte und verwarf. Und dann wußte ich es.

Es sollte ein Buddha werden.


Das war nicht das einzige Kunstwerk, das ich entstehen ließ.

In mehreren 45-Minuten-dauernden Sitzungen war ich per Klinik-Plan auch dazu verdonnert worden, etwas zu flechten. Einen Brotkorb zum Beispiel. Das gehörte wohl zur Pflichtveranstaltung, denn ich habe niemanden gesehen der ohne Korb heim ging. :-D

Das war auch ganz nett. Wie er so entstand. Und eigentlich auch recht simpel. Er hat sogar einige Wochen bei uns seinen Dienst versehen. Dann lösten sich aber die Querstreben so langsam auf und ich habe ihn mit einer Zeremonie verabschiedet. Man muss sich auch trennen können.


Zurück zum Buddha.

Es wurde Dienstag und Silke hielt Wort. Sie begleitete mich. Was uns natürlich einen Spaßfaktor brachte, der unbezahlbar war. Sie und ihre trockene Art waren bei Frau Wolfs genau richtig.

Die freute sich auf jeden Fall uns zu sehen. Und wieder waren wir die Einzigen.

 

Silke hat Probleme, die Hände zu bewegen. So war die "Aufwärmübung" Kugel-formen noch mal mehr eine Herausforderung. Aber sie ließ sich ihre gute Laune nicht verderben und pfriemelte zu Guter Letzt viele kleine Kügelchen, die am Ende ein wunderschönes Armband ergeben haben.

Dass wir unendlich viel gelacht haben, muss ich vielleicht nicht noch extra erwähnen.

 

Auf die Frage, was ich denn nun zu tun gedenke, verkündete ich meinen Entschluß. Frau Wolfs war platt. Tja, überraschen kann ich.

Zuerst musste ich einen Buddha in klein machen, um klar zu kriegen, wie der Große denn aussehen sollte.

 

Bilder aus dem Kopf in die Hände zu schicken und diese dann wie ein 3-D-Drucker entstehen zu lassen, ist mir leider nicht gegeben. So war der kleine Probebuddha ET nicht unähnlich.Was hab ich gelacht!

 

Und Silke erst! Sie sieht ja auch noch schlecht, aber diesen Fraggle hat sie sehr genossen.

Frau Wolfs beruhigte mich. Es sei ja nur ein Probebild, damit man die Proportionen besser hinbekommt, der muss nicht schön sein, nur in etwa so aussehen, wie ich mir den Großen vorstelle. Haha, oh Gott. Wenn der so werden würde, ist die Meditation aber hinfällig, das kann ich euch versprechen.

 

Fraggle war gebaut. Der Sinn dahinter erschloss sich mir nicht, denn SO sollte mein Buddha sicher nicht enden. Das Unikum war etwa 10 cm hoch und bestach durch einen eindrucksvollen Gesichtsausdruck. Jetzt, wo ich über ihn schreibe, tut es mir fast leid, dass ich ihn nicht mit nach Hause genommen habe, sondern der "Ausstellung" der anderen Muster übereignet habe. Ich denke, Frau Wolfs wollte einfach was zu lachen haben, darum hat sie mich um Fraggle gebeten.

 

Als das also getan war, durfte ich mit dem wahren Buddha beginnen. Der versteckte sich wieder in einem dicken Klumpen Ton.

Hey, komm raus!

Ich wußte ja nun schon, was zu tun war. Kneten, Lufteinschlüsse herausdrücken und dann mit dem Formen beginnen. Kein Ding.

Und so knetete ich, unterhielt mich mit Frau Wolfs und Silke, wir scherzten und ich versuchte Frau Wolfs um Unterstützung anzubetteln. Sie konnte das doch, warum musste ich denn alles alleine machen? Aber sie lächelte nur wissend und sagte den Satz: "Ach, Frau Klingen, denken sie einfach mal drüber nach, wie es gehen könnte", gefühlte 103.000x. Boah!

ET klein und groß
ET klein und groß

Und tatsächlich. Aus dem Klumpen kristallisierte sich eine dicke, kleine Gestalt heraus. Immer noch ein wenig ET-lich, aber schon besser als sein kleiner Kumpel. Ich bekam die Hände eh nicht hin, so entschied ich, dass er gefälligst eine Kutte trägt und sie darin versteckt.

Dass die Kutte einen Bauchnabel eigentlich auch verdeckt, war mir da noch nicht klar.

Das Gesicht hätte ich ma besser auch von ner Kutte verdecken lassen. Ganzkörper-Kondom.

Wie schwer konnte es sein, ein Paar Augen, eine Nase und einen Mund hinzubekommen?

Ich kann es euch verraten: Sauschwer.

 

Frau Wolfs sagte immer: "Schauen sie sich doch mal die Bilder an. Wie sind die Augen/ der Mund/ die Nase denn?" Anders als meine, das wußte ich, aber nicht, warum.

Er sah aus, als hätte ihm jemand ordentlich eins auf die 12 gegeben. Die Augen waren dick wie bei einem Preisboxer. Was aber nicht zur Nase passte, dafür hätte sie viel platter sein müssen. Die Nase war keine Buddha-Nase. Eher Pinocchio. Und er grinste als sei er auf Drogen. Wahrscheinlich hatte er Pilze gegessen und nun Halluzinationen.

 

Dann lernte ich noch, dass ich sein Innenleben herausnehmen musste. Tonfiguren sind innen hohl, weil sie a) sonst nie trocknen und b) zerplatzen, wenn sie gebrannt werden.

Jetzt hatte ich seine Form so einigermaßen hinbekommen und musste nun an sein Innerstes. Dabei verschob ich ihn wieder komplett. Die 90 Minuten, die eine solche "Stunde" dauerte, kamen langsam ihrem Ende entgegen. Scheinbar würde ich nochmal wiederkommen.

Wie schön, da war der nächste Dienstag ja gerettet!

Sein Profil war einfach zum Piepen!

Darüber hatte ich überhaupt nicht nachgedacht. Wenn ich nur frontal arbeite und dabei ganz vergesse, dass er auch von der Seite gut aussehen muss, kommt sowas dabei rum. Freundlicherweise wies mich Frau Wolfs darauf hin. Auch darauf, dass er keine Ohren hatte. Das wird überbewertet. Kutte drüber!

 

Aber immerhin hatte ich Arme und Beine verschränkt. Damit war ich zufrieden. Sein Rücken war was sehr platt, da musste ich ihm noch ein paar Mal auf den Kopf hauen, damit er etwas gestuckt wurde. Nicht zu stark, dann bricht alles.

 

So überarbeitete ich das Gesicht nochmal komplett. Verzichtete auf eine aufgesetzte Nase und auf offene Augen.

Beim Meditieren schließt man sie. So schloß er seine auch. Die Nase wurde platter, der Rücken runder. Der Bauchnabel sah so lächerlich aus, der musste auch weg.

Und das Doppelkinn bitte auch. Und vor allem das dämliche Grinsen.

 

Dann war ich einigermaßen zufrieden.

 

Grundsätzlich war ich angenehm überrascht und reichlich stolz auf mein Werk. "Nächste Woche geht's an den Feinschliff", dachte ich mir.

In der nächsten Woche waren neben Silke und mir noch eine Frau da, die ich auch angeschleppt hatte. Ich hatte ihr beim Essen von meinem Buddha erzählt, das hatte sie interessiert.

Silke malte ihre Perlen an, damit sie auch hübsch rot waren, wenn sie gebrannt wurden.

Und ich verlieh meinem Buddha den letzten Schliff. Er sollte keine Glasur bekommen, sondern so tonern aussehen, wie sein Ursprung war.

Das ging recht schnell.

Da wir noch was Zeit hatten, habe ich noch einen weiteren Versuch gestartet, ein Teelicht-Schälchen zu kreieren. Das war ja für meine Künstlerhände jetzt ja nur noch pillepup!

Rubbeldikatz war es gemacht. Was wohl auch daran lag, dass ich keinen Bock mehr hatte.

Na, geht doch!
Na, geht doch!

Da weder Buddha, der noch eine ganze Zeit lang trocknen musste, noch das Schälchen meinen Heimweg begleiten konnten, versprach mir Frau Wolfs, dass sie mir alles zuschickt, sobald es fertig ist. Das hat sie natürlich getan. Nur meine Seifenschale konnte ich schon mitnehmen.

Und so bekam ich einige Wochen nachdem meine Reha vorbei und ich längst schon wieder zu Hause war, einen Gruß aus der Künstlerwerkstatt in Form eines Päckchens.

Darin kamen Buddhi und Schali zum Vorschein.

Mein ganzer Stolz ziert seither meinen Kamin. Ihm kann es nicht warm genug sein.

 

Fazit: Eine schöne Erfahrrung, wenn man sich mal auf unbekanntes Terrain begibt. Und manchmal sehr überraschend, wozu man fähig ist. Nun weiß ich auch, warum Frau Wolfs nicht geholfen hat.

Dann wäre es nicht meins gewesen.

Dankeschön!




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