Geht es nur mir so? Ich finde das Wort einfach schön.
Ich habe es gelesen und es weckte ein Gefühl von Wärme, Nähe, Ruhe und Zufriedenheit. Wie ein Abend am Kamin. Vielleicht ist es das Altertümliche an diesem Wort. Ich mag solche alten Worte. Wenn Mittelaltermarkt ist und die Spielmänner durch die Gegend ziehen, höre ich ihnen sehr gerne zu. Und davon hat dieses Wort was.
Meine "Gewerke" sind in der Reha entstanden. Und ich bin unglaublich stolz darauf, dachte ich doch, dass ich aus diesem Klumpen Ton nie was Gescheites hervorbringen würde. Es war aber auch so schwer!
Interessiert hatte mich das Poster, das im Aufzug hing und zum "kreativen Gestalten mit Ton" einlud, schon. Aber ich bin jetzt nicht die handwerklich Kreative. Eher so die grobmotorisch Strukturierte. Aber, hey, was soll's? Ist Reha, da versucht man sich doch an neuen Herausforderungen, oder etwa nicht? Und ich wollte es echt gerne mal probieren. Meine Kumpels und Kumpeline waren da nicht so für zu begeistern. So zog ich in der zweiten Woche an einem Dienstag Abend alleine los um den Tonklumpen das Fürchten zu lehren.
Ich musste in das Untergeschoß der Klinik, dort wo die Bäderabteilung war und dann iiiiimmmeeeer gradeaus. Bis es nicht mehr weiterging. Wenn man abends, wenn keine Mitarbeiter mehr da sind, da unten lang rollt, hat das schon was Gespenstisches.
Da ich viel zu früh war, musste ich noch etwas warten, doch dann hörte ich Schritte.
Und lernte Frau Wolfs kennen. Sie ist eine echte Künstlerin, hat Bildhauerei und Malerei studiert und wohnt in der Nähe der Klinik, weshalb man von ihrer Kreativität und ihrem Wissen dort zehren darf.
Sie stellt richtig was dar und ist einer der wenigen Menschen, die ich kennenlernen durfte, die ihre innere Stärke und Ruhe nach außen strahlen und eine grandiose stille Würde besitzen.
Sie war es auch, die das Wort "Gewerk" in mein Bewusstein rückte, als sie es im Betreff einer mail verwendete.
Wir mussten feststellen, dass in der ganzen großen Klinik ich die einzige an diesem Abend war, die sich für das Gestalten mit Ton interessierte. Unglaublich aber wahr.
Aber das schreckte Frau Wolfs überhaupt nicht. Nachdem sie den Raum, der für verschiedenste künsterlische Gestaltungen genutzt wurde, für uns zurecht gemacht hatte, lernte ich das Material Ton kennen. Dachte ich bis dahin noch, das sei Knete, nur anders, musste ich mich davon mal janz flott verabschieden.
Frau Wolfs schnitt mir etwas ab und ich musste es erstmal kneten, um die Luft, die sich dort einschließt, heraus zu holen. War das anstrengend! Der Ton war steinhart. Anfangs konnte man ihn kaum eindrücken. Erst mit der Zeit und zunehmender Erwärmung durch meine Hände wurde er geschmeidiger.
Die ganze Zeit erklärte mir Frau Wolfs etwas. In ihrer unnachahmlichen Art, die ich sofort liebte.
Dass Ton respektvoll behandelt werden muss, dass er beim Brennen zerbricht, wenn in ihm zuviel Lufteinschluß vorhanden ist, dass er nicht zu nass gemacht werden darf... und vieles mehr. Und dann fragte sie mich, was ich denn herstellen möchte.
Ja, das wüßte ich auch gerne.
Sie gab mir Fotoalben verschiedenster Kunstwerke, die die Scharen der Patienten in den vergangen Jahren hergestellt hatten. Und ich dachte mir, ein Teelichtschälchen müsste ich doch wohl hinbekommen.
Fau Wolfs leitete mich an, aus dem Klumpen eine Kugel zu formen. Leichter gesagt als getan. Rund war das Gebilde nicht. Einen blöden Ball bekam ich nicht hin! Weil ich mit einer Hand mehr Kraft aufwand, als mit der anderen. Ergotherapie mal anders. Ich rollte mir nen Wolf (haha) und war eher zufrieden als sie. Aber egal. Mir reichte meine unrunde Kugel. Und dann hieß es, sie mit den Händen zu einer Schale zu formen. Einfach? Denkste!
Mal war der Rand nicht überall gleich dick, dann der Boden zu dünn, dann der Rand zu hoch, dann der Boden zu breit. Ey!
Ein kleiner Fingerdruck zu viel, und das Gebilde, dass ich grade noch recht gelungen fand, sah wieder ganz anders aus. Weit entfernt von dem, was ich vor meinem inneren Auge vor mir sah.
Davon verabschiedete ich mich und war froh, als Klumpi in etwa aussah wie eine Schale. Boah, Nase voll!
Aber Frau Wolfs gab nicht auf, bestärkte mich immer wieder, es zu versuchen. "Denken sie an den Druck, der muss gleichmäßig sein." "Nein, nicht noch mehr Wasser nehmen, das wird zu nass." "Denken sie daran, die Luft rauszudrücken."
Jupp, mach ich. Alles. Auf einmal und noch viel mehr. Gleich mach ich wieder nen Klumpen draus. Grrr.
Und dann war es vollbracht! Ein Schälchen. Mehr in Richtung Aschenbecher gehend, aber so wie es nun aussah, war es recht ausgeglichen in seiner Form. Du bleibst jetzt so.
Frau Wolfs kam mit verschiedenen Werkzeugen um die Ecke. Zum Verzieren. Denn noch war das Schälchen einfach mit meinen Fingerabdrücken übersät. Da mir Geduld und Spaß langsam abhanden gekommen waren, griff ich zu einem spitzen Holzgriffel und löcherte mein Schälchen. So, nun musste aber gut sein!
Frau Wolfs war voll des Lobes und fotografierte mein Erstlingswerk bevor es zum Trocknen gestellt wurde, um dann gebrannt zu werden, nachdem ich es noch glasiert hatte.
Das sollte dann in der nächsten Woche geschehen. Ach, ich komm nochmal wieder? War mir gar nicht so bewußt. ;-)
Ja, klar, meinte meine Mentorin, ich hätte ja noch viel Zeit bis zum Ende meiner Reha, da könnte ich sicher noch ein richtiges Kunstwerk entstehen lassen. Ich könnte mir ja schon mal überlegen, was es werden könnte.
Was mir ganz klar war: Ich würde nicht nochmal alleine da sitzen! Ich hatte auch schon ein potenzielles Opfer.
Silke!
Und das ist es, mein Teelicht-Schälchen. ;-)
Beim Glasieren fiel mir auf, dass es so breit geraten war, dass sicher ein Stück Seife reinpassen müsste.
So wurde es in passendem Grün unseres Badezimmers angepinselt und trägt seither meine Seife. Flexibilität ist alles.
Ich bin wirklich überrascht, das hinbekommen zu haben. Aber das war ja erst der Anfang, denn nun sollte ja angeblich noch ein Kunstwerk entstehen.
Als ich von meiner ersten Challenge zurück kam, bin ich schnurstracks zu Silke gerollt, die ganz gespannt war, was ich zu berichten hatte. Und ich berichtete.
Und konnte sie tatsächlich gewinnen, die nächste Woche mit mir in die Gruft zu fahren um den Ton anzugeben.
Und so überlegte ich, was ich denn noch Dolles enststehen lassen könnte....
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