Ein Besuch im Altenheim


Meine Mama lebt in einem Altenheim. Sie ist dement und das ist in kürzester Zeit sehr schlimm geworden. Das Problem war, dass sie lange die Fassade aufrecht erhalten konnte, sodass es schwer war, zu erkennen, wie schlecht es tatsächlich um sie steht. Und sie hatte das Glück, in ihren Vermietern, die unter ihr wohnten, eine Art Familienmitglieder zu haben, die sie unterstützten.

Ich konnte nicht mit dem Rolli zu meiner Mutter in den ersten Stock, sodass die Vermieterin sich um das Packen der Wäsche gekümmert hat, die sie mitnahm, als sie notfallmäßig in eine Klinik musste, weil es zu gefährlich wurde, dass sie alleine blieb. Auch das ging sehr schnell. Und manchmal bin ich überrascht, dass nichts Schlimmeres passiert ist.

In der Klinik wurde schnell klar, dass ein Platz in einem Heim gesucht werden muss. Und ich hatte Glück und fand einen ganz in meiner Nähe, sodass ich sie, ohne Bus fahren zu müssen, besuchen kann.

Cindy kommt oft mit, wenn wir sie besuchen. Anfangs war ich besorgt, denn Cindy ist ja keine einfache Hundedame. Ich hatte Angst, dass sie die Menschen in dem Wohnbereich beißen würde, wenn diese sie anfassen wollten. So weit weg war das ja nicht, denn es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass sie schnappt. So habe ich Cindy nur mit Maulkorb mitgenommen. Den mag sie aber nicht besonders. Sie rieb sich immer am Bein meiner Mutter um das blöde Ding loszuwerden. Die sah das als Liebesbeweis an, und krabbelte Cindy hinter den Ohren. Und die machte überhaupt nicht den Eindruck, dass sie es nicht mögen würde.

Auch fand Cindy es sehr ärgerlich, dass sie nicht an die tollen Essensreste heran kam, die naturgemäß im Speisesaal auf dem Boden zu finden sind.

Bei einem unserer nächsten Besuche versuchte ich es halt. Ich ließ den Maulkorb weg. Und es klappte! Sie spürt bestimmt die Hilflosigkeit der Bewohner. Wenden sie sich ihr zu und strecken die Arme runter, was ja meist im Sitzen geschieht, dann geht Cindy entweder hin und schnuppert oder sie ignoriert sie. Kein einziges Mal hat sie die Zähne gezeigt.

Macht das allerdings eine Schwester, Sozialarbeiterin, etc. warnt sie sofort vor weiteren Annäherungsversuchen.

Mittlerweile freut sich Cindy immer sehr, wenn es in Richtung Altenheim geht. Da ich auch bei normalen Spazierrunden dort schon mal vorbei komme und nicht jedesmal reinfahre, steht sie immer erwartungsvoll auf dem Weg zum Eingang und fragt mich regelrecht, ob wir nicht doch...?

Nein, komm, weiter.

Geht es aber hinein, wedelt sie was das Zeug hält und kennt natürlich den Weg. Vor allen Dingen den in die beiden Speisesäle. Dann wird der Hundestaubsauger angestellt und "aufgeräumt". Das Schöne an dem Heim ist, dass Hunde völlig willkommen sind und sehr gerne gesehen werden.

Was mich aber wirklich sehr erstaunt und sehr gerührt hat, war der Moment, als Cindy entschied, dass sie gerne zu meiner Mama auf die Bank möchte. Wir waren im Garten ein paar Schritte gegangen und da das Wetter noch sehr schön war, setze sie sich auf die Bank. Viel kann man sich nicht unterhalten, aber einfache Dinge gehen. Es ist nicht wirklich ein Dialog. Mehr so ein erzählen von mir und sie nickt dann dazu.

Und da sprang Cindy zu ihr hoch. Ich dachte, ich traue meinen Augen nicht. Und nicht nur das, sie lud sie regelrecht ein, sie zu kraulen, indem sie ihren Kopf unter ihre Hand streckte. Wieder war ich sprachlos.

Das war der Hammer!

Ein Begleithund, meine Cindy! ;-)

Es ist sehr interessant, dass die älteren Herrschaften, seien sie auch noch so verwirrt, sofort aufmerksam werden, wenn ein Hund in den Raum kommt. Dann wird geschnalzt und gerufen, mit den Händen gelockt. Sie leben regelrecht auf. Und auch meine Mama freute sich über diese Geste von Hundi.

Und damit ich aus dem Staunen auch bestimmt nicht mehr rauskam, sprang sie ihr sogar noch auf den Schoß und blieb sitzen. Ließ sich streicheln und hielt still.

Cindy lächelt, oder? (Meine Mama nicht, weil sie sich fragt, was ich da grade mache, es reicht nicht zu sagen, dass ich ein Foto mache, das versteht sie nicht.)
Cindy lächelt, oder? (Meine Mama nicht, weil sie sich fragt, was ich da grade mache, es reicht nicht zu sagen, dass ich ein Foto mache, das versteht sie nicht.)

Ich war perplex!

Cindy wußte genau was zu tun ist. Sie ist schmusen gekommen, weil sie weiß, wie gut es tut, ein weiches, warmes Fell unter der Hand zu spüren. Sie hat meiner Mama eine riesen Freude gemacht und ich bin noch immer sehr gerührt.

Das wiederholt Cindy nun immer mal, wenn wir beide irgendwo sitzen und ermuntert sie zum Streicheln.

Toller Hund!




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