Roller-Theme

Natürlich bin ich bei Facebook auch ein wenig in Gruppen unterwegs, die sich mit dem Thema Rollstuhl befassen. Hier gibt es mal einen Tipp, oder eine Frage, deren Beantwortung mich auch interessiert oder es wird einfach aus dem Alltag geplaudert. Das Schöne an den meisten Rollstuhl-Piloten ist, dass sie einen wundervollen, gerne auch mal schwarzen Humor haben. Vielleicht kann man da besser drüber lachen wenn man selber einer von ihnen ist?

Ich kann es jedenfalls!

Vielleicht aber auch, weil ich kein schlechtes Gewissen habe, über eine möglicherweise benachteiligte Minderheit zu lachen. Sondern ich lache einfach, weil ich es lustig finde. Mir ist es auch tausendmal lieber augenzwinkernd auf den Arm genommen, als mitleidig bestaunt zu werden.

Ganz aktuell ein Beispiel: Ich bin mit Freunden bei einem Konzert. Als ich in den Saal rolle, fragt der Kassierer, ob ich einen Stempel will, damit ich wieder reinkann, wenn ich draußen war. Und meint dann: "Brauchste ja eigentlich nicht, bist der einzige Rollstuhlfahrer. Da werden wir dich wohl erkennen" Ich: "Echt? Ich dachte, wir wären heute in der Überzahl."

In der Gruppe, in der ich bin, können die meisten mit dem gleichen Humor-Verständnis aufwarten, sodass es alleine schon aus Alltagserlebnissen heraus eine Menge zu lachen gibt. Und aus diesen Erlebnissen möchte ich nun schöpfen und Euch vielleicht auch ein wenig unterhalten.

Es darf gelacht werden, ehrlich!

Ich bin ja nun noch nicht so lange bei den Rollern, habe aber auch schon das ein oder andere erlebt. Nicht ganz so lustig fand ich die Reaktion einer Mitarbeiterin bei Rossmann. Ich war mit dem Panzer unterwegs und ihr wisst: Er ist etwas plump in seiner Erscheinung. So auch bei Rossmann, die im Gegenteil zu DM ihre Gänge gerne etwas enger stellen.

So bin ich beim Rückwärtsfahren an ein Regal geschrappt und es sind ein paar Sachen rausgefallen. Nun nicht höllisch viel, aber schön war es nicht. Ich kam aber auch nicht dran, um sie wieder aufzuheben.

Eine Mitarbeiterin stand in der Nähe. Wer mich kennt, weiß, dass ich nicht einfach weiterfahre. Ich fragte also, ob sie so lieb sei, das aufzuheben, ich sei dagegen gefahren. Sie seuzte einen Seufzer, der jeder Brücke in Venedig zur Ehre gereicht hätte und machte sich kopfschüttlend dran, meine Sachen aufzuheben und zurück ins Regal zu stellen.

Erst fuhr ich weiter, doch dann konnte ich doch nicht meinen Mund halten und meinte: "Ob sie es glauben oder nicht, ich habe es mit voller Absicht gemacht." Dann habe ich sie nochmal durchdringend angesehen und bin meines Weges gerollt. Sauer war ich dennoch.

...

"Achso ich fragte dann ob sie selbst den Fehler findet.

Sie machte dann ein beherztes "stirnklatsch" und entschuldigte sich ne gefühlte halbe Stunde."

...

"Gegenprobe ist dann im Nike Laden nach guten Laufschuhen fragen!

Gesicht war unbezahlbar, als sie mit den Schuhen ankam zum probieren!

...

"Wir rollen ins Einwohnermeldeamt. "Bitte nehmen Sie Platz"... Fanden wir urkomisch."

...

Kenne ich. Hihi. Oder ein Herr sagte mal zu mir: "Nein, das gehe ich jetzt zu Fuß. Wenn man den ganzen Tag sitzt, ist man froh wenn man mal laufen kann." Ich hab nur gesagt:"Hm. Kenne ich." Und musste lachen. Was war ihm das unangenehm.

...

Das letzte Erlebnis habe ich übrigens beigesteuert. Es ist aber echt so, dass Leute das sagen, und es stimmt ja auch. Wenn man lange sitzt, ist aufstehen und laufen echt schön. Und erst während ich nicke, denke ich: "Ähem... du sitzt irgendwie die ganze Zeit, aufstehen ist nicht." Das braucht noch immer was, weil es auch in meinem Verständnis noch immer normal ist, dass Menschen aufstehen und es für mich aber genauso normal ist, es nicht zu tun. Blöd ist immer, wenn der andere dann peinlich berührt aufblickt und nicht weiß, wohin mit sich. Da wünsche ich mir: "Lach doch einfach mit, ist doch egal!"

In der Reha habe ich mit meinen Leutchen am Tisch auch immer richtig schwarz humort.

Rolf, der kein Gefühl in den Beinen hatte und manchmal mir gegenüber am Tisch sass, musste immer recht weit unter den Tisch fahren um auch oben an seinen Teller zu gelangen. Wenn ich dann ebenfalls unter den Tisch fuhr, berührten sich unsere Füße. Ich sagte dann: "Rooolf...?" Er: "Jaaaa, Michaela...?" "Wir füßeln" "Echt? Cool!" Und dann lachte er sein Rüdiger-Hoffmann-Lachen und alle stimmten ein. So lustig!

Leider geht es ihm wohl nicht sehr gut. Über Facebook konnte ich mit einem Bekannten schreiben, der mir davon erzählte.

Er scheint auch nicht mehr in der Lage zu sein, selber What's App oder bei FB zu schreiben.

Vielleicht liest es ihm ja jemand vor: Alles Liebe für dich, Rolli! Wir denken an dich!

Wie ihr euch sicher vorstellen könnt, ist manch eine Geschichte erst auf den zweiten Blick lustig. Sitzt man nämlich beim MDK (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung) geht es um was, da bleibt einem das Lachen schon mal im Halse stecken.

So habe ich meine Rampe, die ich brauche um überhaupt auf die Straße zu gelangen von der Krankenversicherung nicht bekommen. Es ist eine bauliche Veränderung, die zahlt die Kasse nicht. Erst als ich eine Pflegestufe hatte, konnte ich den Antrag bei der Pflegekasse stellen, die hat dann die Kosten übernommen. Bis zu dem Zeitpunkt habe ich die von Thompson gebaute Rampe benutzt. Wäre er nicht gewesen, wäre ich wochenlang nicht aus dem Haus gekommen.

"Also, meine "krasseste" Geschichte: Ich bin halbseitig gelähmt, was bedeutet, dass ich alles mit einem Arm mache. Seit 2 Jahren ca streikt meine Schulter bei einigen Posen (Impingementsyndrom, kannst du gerne nachlesen). Ich hatte aus persönlichen Gründen lange keine KG, weshalb ich zu einer Ärztin für Rehabilitation gefahren (im E-Rolli) bin, um mich beraten zu lassen, was man für mich tun kann. Es ging am Empfang los: Mir wurde der Anmeldebogen gegeben: "Können Sie lesen und schreiben?" "Danke, ich komme gerade aus der Uni, Bibliotheks- und Informationsmanagement" Es ging mit der Ärztin weiter (ich innerlich kochend vor Wut noch wegen der Empfangsdame) "Bitte nehmen Sie Platz" Sie hat es NICHT gecheckt, den Stuhl NICHT beiseite genommen, hat mir NICHT aus der Jacke geholfen (nicht mal Hilfe angeboten, Hilfe gebraucht hab ich eh nicht). Sie hat mir auch NICHT dabei geholfen, mich auf die Liege zu legen (nur Sicherheit, damit ich nicht umkippe, stattdessen hat sie Papiere sortiert)."

So, das waren einige Blüten aus dem Rolli-Leben. Manche echt lustig, andere eher bitter-süß. Aber oft haben sie ihren Ursprung in einer Unbedachtheit, die nicht einmal böse gemeint ist.

Ich erinnere mich noch sehr gut an meinen Job. Wenn eine bestimmte Dame im E-Rolli hereingefahren kam, die mir schon wohlbekannt war, rannte ich schon zu ihr hin, um eventuell störende Ständer aus dem Weg zu räumen. Sie hatte nämlich nicht das geringste Problem damit, diese Ständer gnadenlos niederzurollen. Ich habe hinter ihr aufgeräumt und mich gefragt, ob das nicht anders geht.

Vielleicht. Aber vielleicht auch nicht....