Startschuß


Und dann war es soweit. Ich fuhr in Reha. In der Einladung stand, ich möge bitte bis 10 Uhr angekommen sein. Das hätte bedeutet, dass ich sehr früh zuhause wegfahren musste. Montags morgens ist der Berufsverkehr nicht zu verachten. So werden aus 1,5 schnell mal 2,5 stunden. Da Thompson mich fahren wollte, hätte er außerdem einen Tag Urlaub nehmen müssen. So entschieden wir, dass er mich schon sonntags in den Ort bringt, ich eine Nacht in einer Pension verbringe und dann mit dem Taxi zur Klinik fahre. Ich suchte mir unweit der Klinik ein Zimmer und buchte es. Im Begrüßungs-Brief stand auch, dass es Waschmaschinen gab, aber ich wollte nun nicht die ganze Zeit mit Waschen beschäftigt sein, so packte ich reichlich Kram ein. Im Nachhinein viel zu viel. Wieder was gelernt.



Und dann ging es los. Pascal blieb mit Cindy zuhause, so war die Gassi-Runde an diesem Sonntag gerettet. Für die nächsten 4 Wochen mussten Thompson und Pascal die Helden der Gassirunde sein. Für Notfälle hatten wir dann noch unsere Gassigängerin, die immer mal einsprang, wenn es eng wurde. So war das sehr gut abgedeckt.

Da ich für 4 Wochen abwesend sein würde, habe ich mein Dreirad, das irgendwie beim Treten so komisch knackte, in den Service gegeben. Der war in Moers, sodass es per Spedition abgeholt wurde. Es sollte für eine lange Zeit auf Reisen sein…

Jackson war in Rheinbach, das war nicht soo weit weg vom Westerwald und hatte zu der Zeit ein kleines Auto. Darum wollte sie es sich nicht nehmen lassen, ebenfalls nach Waldbreitbach zu kommen, sodass wir uns abends dort zum Essen treffen wollten. Ich nahm Rollstuhl und Rollator mit, den leichten allerdings. Dann hatte ich noch zwei fette Taschen mit Klamotten. Das Auto war picke-packe-voll. Uff.

Am Nachmittag fuhren wir los. Bis zum Ziel sind es knapp 1,5 Std. Fahrt. Wenn man gut durch kommt. Sind wir. Zuerst mussten wir mal die Klinik finden. Witzigerweise fand das Navi die angegebene Straße nicht. Später haben wir dann verstanden, dass die Klinik eine andere Postleitzahl hatte als der Ort. Das erklärte es dann. Wir waren dem Hinweisschild zwar gefolgt, standen aber immer wieder an einer Stelle, von der wir annahmen, dass es dort nicht weiter geht. Als wir dann das Navi richtig programmiert hatten, lernten wir aber, dass es sehr wohl dort weiter ging. So haben wir die Klinik letztendlich gefunden. Der erste Eindruck war, dass sie sehr groß ist. Und einem Krankenhaus mehr ähnelte als einem Hotel. Die Flure und der Eingangsbereich waren zwar wohnlich dekoriert, aber doch alles im Klinik-Style gehalten. Zwar konnte ich nicht schon Sonntags in einem Zimmer unterkommen, da erst Montags die Abreisen waren, aber wir konnten meine Sachen schon dort unterstellen. Das hätte sonst auch nicht geklappt. So lud Thompson alles aus und wir fuhren mit einer kleinen Tasche, die ich für die Nacht in der Pension gepackt hatte und meinem Rollator wieder runter ins Dorf. Die Klinik lag auf einem Berg. Rundherum nichts. Ruhe und gute Luft.

Als wir wieder unten ankamen, trudelte auch gerade Jackson ein. Die Pension war einfach, aber schön. Sie wäre jetzt nichts mehr für mich, barrierefrei war sie nämlich nicht, aber zu der Zeit klappte es mit dem Rollator ja noch recht gut, so waren die wenigen Stufen, die ich zu den Zimmer runter gehen musste, zu schaffen. Mit Gehstock und Geländer konnte ich sie bewältigen, allerdings brauchte ich jemanden, der mir den Rollator dann brachte. Noch war meine Familie da, aber am nächsten Morgen würde ich wohl rufen müssen. Wir gingen erstmal zu meinem Zimmer, klein aber fein, und verputzten die Muffins, die Jackson gebacken hatte. Zuviel durften wir nicht, gleich sollte ja noch ein Abendessen Platz finden.

 Hat es auch. Wir haben direkt dort in der Pension gegessen. Ein typischer Gastraum, wie man ihn sich vorstellt. Mit Geweih und Co. *brrr*. Es gab gut bürgerliches Essen, was auch sehr schmackhaft war. Und dann hieß es so langsam Abschied nehmen. Sie brachten mich noch zu meinem Zimmer und dann waren sie weg. Die Lieben.

Ich habe noch was ferngesehen. Das letzte Mal, dass ich Guido Westerwelle gesehen habe, der bei Günther Jauch über seine Krankheit und die mögliche Genesung sprach. Leider sollte er kein Recht behalten. Er war sehr sympathisch. Als Politiker habe ich ihn nicht sonderlich gemocht, aber er war sehr verändert und weit weg von einem Politiker. Der Mensch dahinter war sehr tiefsinnig und den mochte ich. Umso trauriger fand ich es, wenig später von seinem Tod zu lesen.

Dann hieß es „Heia“. Der nächste Morgen würde eine Menge Neues bringen.





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