Montags rief ich dann bei der Beratung der DGM (Deutsche Gesellschaft für Muskelkranke) an. Hier war ich seit meinem Besuch in der Uniklinik Aachen Mitglied, Beratung inklusive. Ich fragte, wie ich es anstellen sollte, einen Rollstuhl zu bekommen, und lernte, dass ich eine Verordnung vom Arzt benötige, diese bei einem Sanitätsfachgeschäft einreichen lasse, zur Prüfung durch die Krankenkasse, und dann würde er bestellt werden. Sie rieten mir, einen Aktiv-Rollstuhl aufschreiben zu lassen. Der sei wendiger.
So habe ich es gemacht.
Es ging auch alles recht problemlos. Das Sanitätsgeschäft, bei dem ich meinen Stock geholt habe, war auch diesmal wieder meine Anlaufstelle. Bei manchen Hilfsmitteln hat die Krankenkasse aber einen Vertrag mit anderen Partnern, da darf dann der Händler keine Auslieferung machen. Er ist der Krankenkasse vielleicht zu teuer, wobei ich das nicht nachvollziehen kann, denn Service hat nun mal seinen Preis.
Das war auch der Grund, warum ich den Rollator nicht von ihnen beziehen konnte. Der wurde mir damals von einem Händler einige hundert Kilometer entfernt, bereitgestellt. Der war der Rollator-Vertragspartner und ihn habe ich seither nie mehr gesehen. Wahrscheinlich wird dies auch erst wieder der Fall sein, wenn er ihn wieder abholt. Irgendwann kommt eine Anfrage der Krankenkasse, ob ich ihn noch nutze. Wenn ich das verneine, wird er wieder abgeholt. Wäre er defekt gewesen, hätte ich nicht den kurzen Weg zu meinem Händler einschlagen können, sondern alles über den weit entfernten abwickeln müssen. Irgendwie doof, spart aber (scheinbar) Kosten.
Beim Rollstuhl war es aber anders. Da durfte mein Händler „ran“. Er vermaß mich um den für mich passenden Stuhl konfigurieren zu lassen.
Im September konnte ich ihn dann abholen.
Mich da hinein zu setzen kostete Überwindung. Ich saß im Rollstuhl. Völlig ungewohnt.
Mein Reha-Techniker schaute sich das Gesamtkunstwerk an, stellte hier und da noch was ein und dann kam er mit raus um ihn ins Auto zu verladen. Da stellte sich auch schon heraus, dass es das falsche Auto war. Zu klein. Ein Fiesta ist nun mal kein Kombi. Er musste die Räder abnehmen und dann erst passte der Rollstuhl in den Kofferraum. Die Räder aber nicht mehr, die mussten auf die Rücksitze. So fuhr ich heim. Auto fahren ging immer noch, aber immer schlechter. Ich musste mit einer Hand das linke Bein auf die Kupplung setzen und wieder runter. Keine Lösung auf Dauer. Aber noch fuhr ich.
Zuhause angekommen, lud Thompson ihn aus, steckte ihn zusammen und entfaltete ihn. Man konnte ihn in der Längsachse zusammenklappen. Das machte ihn schmaler aber auch höher, was das Hauptproblem im Kofferraum darstellte.
Und da war er nun. Er hatte einen Kippschutz am Hinterrad, damit man nicht versehentlich nach hinten umfiel wenn man die Vorderräder lupfte, wie es nötig war um auf eine Erhöhung zu gelangen. Meine Familie hatte nichts Besseres zu tun, als ihn kreuz und quer durchs Haus Probe zu fahren. Wheelys, Drehungen, hin und her. Sie hatten Spaß. Die einzige, die nicht drin saß, war ich. Aber so bin ich. Ich mag keine Neuigkeiten und die schon gar nicht.
Doch dann nahm ich mir ein Herz und Platz. Und ich muss gestehen, es war angenehm, vorwärts zu kommen ohne sich wie blöd anstrengen zu müssen. Ich musste mangels Talent etwas mehr üben um die Vorderräder über die Schwelle unserer Terrassentüre zu bekommen. Die war wie ein Fensterrahmen gebaut und entsprechend hoch. Aber es funktionierte. Um ihn aber komplett raus zu bekommen benötigte ich Hilfe, die Hinterräder schaffte ich nicht. So kullerte ich mal hierhin, mal dorthin und gewöhnte mich ein wenig an ihn.
Die meiste Zeit stand der Rollstuhl allerdings im Flur. Denn ich war noch nicht bereit, mich auch im Haus in ihm nieder zu lassen. Da benutzte ich weiterhin meinen Rollator. Ich hatte Sorge, dass, wenn ich mich nun dort hinein setze, die Kraft noch schneller aus den Beinen schwand als sie es ohnehin schon tat. Die war sicherlich auch nicht unbegründet. Und dem wollte ich mit so viel Bewegung wie nur irgend möglich vorbeugen. So war dem Rolli erstmal nur der aushäusige Einsatz vergönnt.
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