Hoffentlich kommen wir pünktlich... äh, gibts hier ein Klo?


Am nächsten Morgen hieß es schon sehr früh aufstehen, da wir ums 6,30 Uhr sozusagen das Frühstücksbüfett des Hotels eröffnen wollten. Denn dieser Tag würde uns zu den Gedenkstätten Ausschwitz und Birkenau führen. Die späteste deutsche Führung konnte ich für 13,30 Uhr buchen. Wir mussten 30 Minuten vorher da sein, hatten aber bis dahin noch 480 km zu fahren. Das machte mich ein wenig nervös, denn wenn es sonst egal war, wann wir wo ankamen, war es nun sehr wichtig, pünktlich zu sein. Ich beruhigte mich, indem ich mir gut zusprach, dass bisher immer alles geklappt hat. So auch dies. Die Nervosität blieb.

Um kurz nach 7 saßen wir beide im Auto, noch kurz tanken und es konnte losgehen. Ich habe auf meinem Handy als Navi die Navigon-App. Zuhause war ich klug genug, daran zu denken, dass ich für diese Fahrt vielleicht auch die Polen-Karte sinnvollerweise runterladen sollte. Das war keine so schlechte Idee. ;-)

So ging es also los.

Neben der Angst, zu spät zu kommen, hatte ich die nächste, wie es denn nach der Grenze mit Klos aussehen würde. Ich glaube, das muss ich auch mal mit meinem Psychotherapeuten bearbeiten. Kicher. Ich hab wohl ein Klo-Trauma. Von Dresden zur Grenze ist es nicht sonderlich weit. Knapp 100 km. Die letzte Stadt vorher ist Görlitz und dann kommt der Grenzfluss, na… wer weiß es…? Genau, Oder und Neiße. In unserem Fall war es die Neiße. Ein wenig überrascht war ich schon, so schnell in Polen zu sein und sagte zu Jackson, dass ich echt gerne vorher nochmal in Deutschland aufs Klo gehen würde… wer weiß…

Sie lachte und sagte: „Okay… dann muss GENAU JETZT“, und dabei zeigte sie mit dem Finger auf die Straße, „ein Klo erscheinen. Sonst ist es zu spät.“ Ihr erratet es vielleicht. Sie hatte es kaum ausgesprochen, da erschien ein Schild, Parkplatz und Klo. ;-) Wat soll isch sagen…

Nach dem dortigen Stopp ging es in der Fremde weiter. Auf den Autobahnen darf man 140 fahren. Außer, die Schilder verbieten es. Und das taten sie eigentlich die ganze Zeit. 120,100,80,100,120… ARGH!

Mein Navi hatte die erste Ankunftszeit mit 11,30 Uhr angegeben. Es ging weiter und weiter nach hinten. Auf halber Strecke waren wir bei 12,30. OOOOOHMMM…

Was wir auch nicht wussten: Polens Autobahnen haben zum Teil Mautstellen. So auch die A4, die wir benutzen. Wir fuhren ahnungslos und noch ohne Zloty unseres Weges, als sich, einer Grenzanlage gleich, viele Häuschen mit Ampeln und gelben Blinklichtern vor uns auftaten. Was ist das? Ratlosigkeit und Unsicherheit machte sich breit. Wir verrenkten uns die Hälse, um erkennen zu können, was die Fahrer vor uns an diesen Häuschen taten. Mussten sie was zahlen? Wie sollten wir das tun ohne die passende Währung zu haben? Konnten wir auch mit Karte zahlen? Fragen über Fragen. Beide versuchten wir ruhig zu bleiben, dennoch schoben wir Panik. Dann sahen wir, dass die Fahrer nur eine Karte, wie beim Parkhaus zogen. Erleichterung. Ja, prima, das können wir auch. Jackson ist nu ma leider wat kurz. Und dann hielt sie den Wagen auch noch etwas weit weg von dem Kartengerät. Sie musste sich ganz schön recken, hangelte die Karte raus und schrie auf: „AAAAUUU!“ Sie hatte sich verrenkt. „Ahhh, ich hab nen Krampf!“ Ich musste trotzdem lachen. Sie dann auch. Ging dann auch schnell wieder besser. Nun hatten wir die Karte und weiter ging’s. Sie erzählte uns in verschiedenen Sprachen, dass die Benutzung der Autobahn nach km abgerechnet wurde, sodass am Ende der Strecke die gefahrenen km zu bezahlen waren. Das hieß, Geld tauschen. Man kann wohl auch mit Karte zahlen, aber die Wagen hinter uns sind sicher nicht ganz so begeistert, wenn es ewig dauert. Da wir auch mal wieder was dazu tanken wollten, holte Jackson an einem Automaten auch direkt 70 Zloty ab. Das waren rund 38 Euro.

Wir waren gerüstet, für alles was kam. Das Navi meinte, wir sind um 12,45 da…. Da hatten wir etwa die Hälfte der Strecke.

Irgendwann erschienen dann wieder die Ampeln und Häuschen. Wir mussten die Karte abgeben und 16,20 Zloty bezahlen. Das hat Jackson ganz souverän, und ohne einen Krampf zu bekommen, gemacht.

Und weiter ging’s. Immer geradeaus, immer weiter auf der A4. Endlos... Jackson hatte ihr Handy per Bluetooth mit dem Radio verbunden. So hörten wir ihre Playlists rauf und runter.

Oh, Häuschen, Ampeln! Prima! Das kannten wir ja schon. Dachten wir. Wir näherten uns den Häuschen, doch diesmal saß da jemand. Das bedeutet wohl, dass wir diesmal keine Karte ziehen sollten. Aber eine abgeben konnten wir auch nicht (mehr), die war ja schon weg. Endlich wieder was zu grübeln. Als der Wagen vor uns losfuhr und wir dran waren, ertönte eine Stimme, die uns aufforderte unseren Pin in das Telefon einzugeben. Das sagte sie sehr laut und sehr bestimmt. Häh? Wir schauten uns an, kamen aber auch gleichzeitig an dem Häuschen zu stehen. Und schnallten langsam, dass die Stimme gar nichts mit der Mautstelle zu tun hatte. Die Bluetooth-Verbindung war für den Moment unterbrochen worden. Und die Dame am Schalter hätte gerne 10 Zloty. Aber keinen Pin. Den widerrum wollte nur das Autoradio.

Wir haben sehr gelacht, als wir das alles auseinander klamüsert und verstanden hatten. Chaos-Ladys on tour.

So. 10 Zloty bezahlt, die Frage nach dem Pin hatte sich irgendwie erledigt, das Radio sang wieder, weiter im Text.

Mittlerweile war mal wieder ein Klogang dran. Wir hielten an einer Tankstelle. Dort gab es auch eine Behinderten-Toilette. Na, wunderbar. Nachdem die Putzfrau ihren Putz-Wagen aus selbiger geholt hatte und nur noch ihre eingekauften Lebensmittel drin standen (warum auch nicht), durfte ich auch drauf. Hat alles geklappt. Weiter.

Navi meinte 12,55.

Nach etwas über 350 km polnischer Autobahn fuhren wir ab und mussten noch einige Kilometer über Landstraßen, durch kleine Ortschaften und Dörfer.

Und dann erschien zum ersten Mal das polnische Schild für Ausschwitz. „Oswiecim“. Wir waren fast da. Noch ein paar Mal rechts und links und dann erblickten wir einige Lagerbaracken und konnten mit meinem Behinderten-Parkausweis weiter fahren bis zum Haupteingang, wo wir auch parken durften. Angekommen. Es war 13,05 Uhr.

Wo is denn das Klo?





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