Zombies halt


Eigentlich darf ich mich aus dem Krankenhaus aber nicht verabschieden ohne ein paar Highlights zu posten. Noch mehr? Es waren doch schon so viele! Jaaa. ;-)

Eines war unumstritten meine Bettnachbarin. Sie war, wie gesagt, eine etwas ältere Dame, ich glaube, sie war 67 und war im Krankenhaus, weil sie in der Reha, die sie zuvor besucht hatte, so falsch mit ihren Parkinson-Medikamenten eingestellt worden war, dass sie kaum mehr was konnte. Das haben die hiesigen Ärzte dann mit einigen Versuchen verschiedener Medikamenten-Gaben und mal mehr mal weniger hohen Dosierungen wieder hinzubiegen versucht. Je nachdem welche Dosierung grade dran war, brachte diese entsprechende Nebenwirkung mit sich.

So hatte sie, nennen wir es mal, sehr realistische Träume. Ich liege am Abend im Bett, schaue Fernsehen, Kopfhörer auf, da erschallt eine Stimme neben mir: „DU SOLLST DAS LASSEN!“ Was hab ich mich erschrocken!

Näher betrachtet, merkte ich, dass sie schlief, aber halluzinierte. Sie sprach mit ihrem verstorbenen Boxer. Von ihm hatte sie mir schon mal erzählt. Hundemenschen halt. Da geht einem der Gesprächsstoff nie aus. Was Hundi Falsches tat, war nicht recht auszumachen, jedenfalls war Frauchen ungehalten. Wahlweise sprach sie auch mal mit ihrem Mann, ihrem Sohn, auch mal mit mir. Ich gab dann Antwort, alles kein Ding. Ich war eben, was genehm war. Gebellt habe ich aber nicht. Mit ihrem Hund musste sie alleine klarkommen.

Sie schimpfte also noch ein wenig mit Hundi, sagte, dass er das lassen solle, sonst muss er raus. Ob er dann aufgehört hat, weiß ich nicht, aber sie beruhigte sich nach einiger Zeit wieder und schlief weiter.

Das tat sie aber nie, ohne wie ein Horde Waldarbeiter zu sägen. Es war unfassbar, welche Schnarchgeräusche aus ihr heraus kamen. Witzig war, dass sie mir vorher schon gesagt hatte, dass sie und ihr Mann, der übrigens blind war, getrennte Schlafzimmer hatten, weil sie schnarchte. Sie meinte dann zu mir, ich möge sie gerne wecken, wenn sie anfangen sollte zu schnarchen. Problem: Sie schnarchte fast schneller, als sie überhaupt einschlief. Da sie sich auch nicht groß umdrehen konnte, schlief sie auf dem Rücken, das Kopfteil etwas hochgestellt. Beste Ausgangslage für wunderbares Röcheln. Kaum die Augen geschlossen, ging es los. Aus dem MRT hatte ich, dem Himmel sei Dank, Ohropax gerettet. Die stopfte ich mir nun abends in die Ohren und konnte so einigermaßen gut schlafen. Unterbrochen von den üblichen Nachtproblemen, denn sie musste dauernd aufs Töpfchen. Anfangs haben es die Schwestern noch versucht, dann war ihnen klar, dass sie nie schnell genug sein werden. Und nachdem das Bett an zwei Nächten hintereinander neu bezogen werden musste, bekam Nachbarin Windeln. Was sie aber nicht davon abhielt, dennoch zu klingeln. Jetzt sagt so ne Schwester ja nicht: „Sie haben doch Windeln an, lassen sie laufen.“ Nein, sie brachten weiterhin die Pfanne. Es wurde nicht langweilig. Ich glaube auch, wenn man es merkt, möchte man auch nicht gerne „einfach laufen lassen“. Darum kann ich schon gut nachvollziehen, dass sie klingelte. Immerhin tat sie dies. Anfangs versuchte sie nämlich alleine zur Toilette zu gehen. Das scheiterte dann an ihrer fehlenden Rumpfmuskulatur. Sie konnte nicht selbstständig aufstehen und war dann hilflos zwischen Liegen und Sitzen gefangen, weil es weder in die eine, noch in die andere Richtung weiterging. Da war ich dann dran mit Klingeln. Aber man kann ja auch tagsüber schlafen, wenn es in der Nacht nicht klappt. Morgens war ihre erste Frage dann: „Habe ich geschnarcht?“ „Ein bisschen.“ „Warum haben sie mich denn nicht geweckt?“ Sie waren schneller. ;-)

Nett war auch das Erlebnis im MRT. Für den, der es nicht kennt: Man legt sich auf eine Liege, die dann in eine große Röhre fährt, am besten zu vergleichen mit einer geschlossenen Sonnenbank. Man hat einen Drücker, den man im Falle eines Falles betätigen kann, damit man gerettet wird und einen Kopfhörer als Ohrschutz, der gleichzeitig auch als Gegensprechanlage dient. Der Ohrschutz ist dringend notwendig weil das Ding einen Höllenlärm macht. Welches MRT es war, weiß ich nicht mehr, jedenfalls war ich mittlerweile mit dem Prozedere vertraut. Reinfahren, ca. 15 Minuten still liegen bleiben, dem Geknalle und Geknarre zuhören und wieder rausfahren. Ich war schone ne Weile drin, da wurde es leise.

Was mich zu der Annahme verleitete, dass ich fertig sein musste. Nur, ich fuhr nicht raus. Hm. Gut, warten wir. Tat ich auch, viel anderes blieb mir ja auch nicht übrig. In solchen Momenten fängt gerne Kopfkino an. Stromausfall, Röhre kaputt… Ich dachte mir, ich zähle jetzt mal bis hundert, dann wird schon jemand kommen. Na gut. Nochmal bis 100, dann klingel ich. Okayyy… noch einmal…

Während des Zählens war ich in Gedanken schon so weit, dass Zombies das Krankenhaus geentert, alle Patienten und das ganze Personal vernichtet hatten und nur mich, die hier in der Röhre lag, noch nicht gefunden hatten. Das würde aber bald kommen… Argh!

Und, siehe da, kurz bevor ich dann doch so langsam Panik schob, kam das ersehnte Ruckeln und ich wurde rausgeholt. Übrigens nicht von Zombies. Meine betont entspannte Frage, was denn die Verzögerung hervorgerufen habe, wurde mit einem: „Der Arzt musste noch kurz mal auf das Bild schauen, bevor wir enden konnten“, beantwortet. Ist der aus New York eingeflogen worden? (Dies habe ich nicht laut gesagt, Schwestern verstehen solche Späße nicht immer.) Frage: Wofür hat man eine Sprechanlage in der Röhre installiert, wenn nicht dafür, den Patienten über solche Dinge zu informieren? „Bleiben sie bitte noch etwas liegen, hier sind ein paar Zombis um die wir uns kurz kümmern müssen…“ Da weiß man doch woran man ist.

Tja, ich weiß es auch nicht.


Bild: Behinderung
Humor ist wenn trotzdem lacht


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